Friday, October 16, 2015

The Tribe (2015) - Lautlose Körpersprache

THE TRIBE ist eines der meistbeachteten Regiedebüts der letzten Jahre. Er zeigt das Treiben von korrupten Schülern in einem Internat für Taubstumme. Die Besonderheit des Films ist die Art und Weise der Erzählung: Der ukrainische Regisseur Myroslav Slaboshpytskiy präsentiert die brutalen Riten in einem Internat komplett in Gebärdensprache. 
Zum deutschen Kinostart am 15. Oktober ist der so fordernde wie faszinierende Film des ukrainischen Regisseurs nun auch auf dem 10. Pornfilmfestival in Berlin zu sehen. 


Yana Novikova & Grigoriy Fesenko kommunizieren lautlos,
aber in einer aussagekräftigen, ganzheitlichen Körpersprache.


The Tribe

von / by: Myroslav Slaboshpytskiy
mit / with: Grigoriy Fesenko , Yana Novikova , Rosa Babiy
UA 2014, 127 min, int. OV

Moviemento
Mi. / Wed. 21.10. 14:15

 H Hetero / NX Keine expliziten Sexszenen / SW Sexarbeit


Regisseur Myroslav Slaboshpytskiy provoziert und überwältigt mit seinem Werk.

Eine Hommage an den Stummfilm
THE TRIBE ist ein Film ohne Worte. Alle Gespräche finden in Gebärdensprache statt. Es gibt keine Untertitel und keinen Kommentar. Der ukrainische Regisseur Myroslav Slaboshpytskiy hat seinen außergewöhnlichen und herausfordernden Film als eine Hommage an den Stummfilm inszeniert. "Gebärdensprache ist wie ein Tanz, wie Ballett, wie Pantomime oder Kabuki-Theater. Gleichwohl fehlt ihr der Aspekt der Groteske - denn so kommunizieren Menschen tatsächlich."


Splitternackt und auf der Suche nach zärtlicher Liebe versuchen
Anna & Sergey dem gewalttätigen Teenager-Kosmos zu entkommen.

Körpersprache aus der menschlichen Seele
THE TRIBE entführt in eine fremdartig anmutende Welt. Alle Protagonist*innen besuchen eine Schule für Gehörlose, ihre Welt ist stumm, aber nicht sprachlos. Alle Dialoge des Films werden in Gebärdensprache geführt, und die künstlerische Entscheidung, auf Untertitel zu verzichten, zwingt auch Hörende zu einer körperlicheren Form der Wahrnehmung. Angesichts der von Slaboshpytskiy ausgeloteten finsteren Winkel der menschlichen Seele, wo Gewalt, Vergewaltigung und Zwangsprostitution lauern, entsteht daraus eine der intensivsten Kinoerfahrungen unserer Zeit. 
  

Abtreibung: Anna in der kriminellen Welt der TRIBE-STAMM-Gang.

Ukrainian director Myroslav Slaboshpytskiy’s THE TRIBE is celebrated by critics – with good reason. He shows us the unfamiliar world of a school for deaf-mute children who cannot talk yet still communicate. Deliberately without subtitles, we are forced to perceive the world as they do. And the world of THE TRIBE is dark, full of everyday violence, rape and forced prostitution.

Ein befreiender Kontrast zur brutalen Welt des Internat-Stammes:
Die nackten Körper von Anna & Sergey (Yana Novikova & Grigoriy Fesenko)
verknoten sich beim Sex und kommunizieren in der lautlosen Körpersprache LIEBE.



 Trailer THE TRIBE


SPEX-Feature zum Kinostart:
Expressiv, wortlos und total

Die Darsteller in THE TRIBE sind alle gehörlose Laiendarsteller, 
die der Regisseur über soziale Netzwerke für seinen Film gefunden hat.
 
Gebärden einer Ganzkörpersprache
"Arme und Hände schwingen, tanzen, fuchteln, schneiden durch die Luft. Körper biegen sich, marschieren in Kolonnen, formieren sich in Rudeln. Fäuste schlagen auf Körper und Köpfe, Beine treten, Körper stoßen aufeinander und verknoten sich beim Sex. Die Gebärdensprache, mit der im ukrainischen Film The Tribe durchweg und ohne Untertitelung kommuniziert wird, ist eine Ganzkörpersprache. Expressiv und total. Ohne die Dialoge im Detail verstehen zu können, scheinen sich die wortlosen Sprechakte im Wesentlichen auf Befehle, Zurechtweisungen und Anschuldigungen zu beschränken. 

Dennoch ist es faszinierend, den sich unaufhörlich gebärdenden Körpern in Myroslav Slaboshpytskiys Langfilmdebüt zu folgen, ihrem überaus physischen Tanz zuzusehen, der sich durch die brillant komponierten Plansequenzen zu einer fortlaufenden Choreografie aus heftigen Bewegungen verdichtet. Hinter dem rohen Tanz aber liegt ein vorhersehbares sozialrealistisches Elendsdrama – mit all seinen problematischen Exploitismen."

Quelle und vollständiges Feature: Spex


Süddeutsche Zeitung:
Frustrierte Underdogs
 
THE TRIBE - das bewegte Portrait einer hermetischen, kaum bewusst gemachten Welt:
Ein Kommentar auf Identität und Sinnsuche, Unterdrückung und Widerstand.

Der ganze Körper spricht: animalisch, unmittelbar, intensiv
"So künstlich der Verzicht auf gesprochene Sprache auf den ersten Blick wirkt, so natürlich fühlt sich die Kommunikation mittels Handzeichen bald an, schließlich spielt "The Tribe" in einem Internat für Gehörlose. Die Wirkung ist enorm. Wenn die Jugendlichen reden, sprechen nicht nur die Hände, es spricht der ganze Körper. Mit formaler Raffinesse wird eine wuchtige und grausame Geschichte erzählt - wegen seiner Gewalt- und Sexszenen eilte "The Tribe" der Ruf des Skandalfilms voraus. Dass die Gebärdensprache "natürlicher" wirkt als Worte, heißt hier: animalischer, unmittelbarer, roher und intensiver. Weil das Selbstverständliche fehlt, wird für den Zuschauer alles zum Zeichen.

Sergey (Grigoriy Fesenko), der anfangs unsicher und langsam wirkt, wird Teil der Gang. Er wird als Zuhälter ausgewählt - und verliebt sich. Als er den routinierten Blowjob ablehnt, der ihm in seiner Position zusteht, und er Anna (Yana Novikova) ebenfalls Lust beim Sex schenken will, wird diese gleich aggressiv: Liebe und Zärtlichkeit sind nicht vorgesehen, sie stören und zerstören am Ende dieses System."

Quelle und vollständiger Beitrag: SZ
http://www.sueddeutsche.de/kultur/the-tribe-im-kino-frustrierte-underdogs-1.2694257
http://www.sueddeutsche.de/kultur/the-tribe-im-kino-frustrierte-underdogs-1.2694257-2


Die lautlose Körpersprache ist wie ein Tanz, wie Ballett, wie Pantomime.


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