Tuesday, October 20, 2015

Blicke auf nicht normative Sexualität - Interview mit Jürgen Brüning

Jürgen Brüning (Jahrgang 1958) studierte in Berlin Pädagogik und Psychologie. Die Pornografie hat ihn schon immer begeistert und so hat er sich entschlossen als Filmproduzent zu arbeiten. Ein Schwerpunkt seines Filmemachens sind Gay Hardcorefilme, die er seit 1996 mit seinem Filmstudio CAZZO produziert hat und ab 2003 mit seiner eigenen Produktionsfirma WURSTFILM. 
Der Gründer und Kurator des PornFilmFestivals Berlin hat freundlicherweise einige Fragen beantwortet, die RSM mit dem Dank an ihn veröffentlicht.


Jürgen Brüning initiierte im Oktober 2006 das erste PFF in Berlin.
Damals war es weltweit das erste seiner Art.
Inzwischen gibt es ähnliche Festivals auf drei Kontinenten.


PFF-Gründer Jürgen Brüning 


Beschäftigung mit Pornografie
Vor zehn Jahren hat Jürgen Brüning das PornFilmFestival ins Leben gerufen. Sein Anspruch war und ist es, das Genre Erotik, Sex, Porn künstlerisch, gesellschaftlich und philosophisch neu zu deuten. Mit dem Festival will er die Menschen dazu anregen, sich mit Pornografie zu beschäftigen. Die Leute sollen sich erst einmal in angenehmer Atmosphäre einen Porno anschauen, bevor sie darüber reden. Nach dem Anschauen, möchte er dann aber auch ins Gespräch mit ihnen kommen. Dann dürfen Gedanken ausgetauscht und leidenschaftliche Diskussionen geführt werden. Jürgen weiß, dass man in einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten ungezwungen, intelligent und humorvoll über Sex und Porn reden kann.   

 
 
Explizites Spiel mit dem Schwanz und der Waffe in THE RASPBERRY REICH (2004):
Unter der Regie von Bruce LaBruce produzierte Jürgen Brüning diesen Revoluzzerfilm.


Alternative Pornografie
Das Besondere des PFF war von Anfang an, dass dabei keine kommerziellen Industrie-Pornos gezeigt wurden. Vielmehr stehen in den fünf schönen Oktobertagen jedes Jahr Independent-Pornos im Fokus, die inhaltlich und formal expliziten Sex ganz anders zeigen, als klischeehafte Hardcore Produktionen. Natürlich wird auf der Leinwand auch explizit gewichst und gefickt. Gleichzeitig wird aber auch das ganze bunte Spektrum der menschlichen Sexualität präsentiert. Die alternative Pornografie fokussiert alle Spielarten der Fleischeslust von sinnlich bis schrill und das auf höchst unterhaltsame Weise. Z. B: BDSM, Fetisch, Cruising, Japan-Bondage, Sex und Schwangerschaft oder auch die Frage "Wie drehe ich meinen eigenen Pornofilm?".


Eine langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit seit vielen Jahren:
Produzent Jürgen Brüning und der kanadische Regisseur Bruce LaBruce.


Aus Jürgens Vorwort zum 10-jährigen PFF  
"Das Pornfilmfestival Berlin hat einen öffentlichen Raum erschaffen, wo sich für fünf Tage Menschen treffen, die in ihren Meinungen noch nicht festgelegt sind. Sie stellen die Deutungshoheit der Meinungsmehrheit in Frage und hinterfragen sich auch ständig selbst. Mal kämpferisch, meistens launig und immer lustvoll."
Vollständiger Text von Jürgen: Willkommen zum PFF



Prosexuell, undogmatisch, explizit: 
Jürgen kennt keine Tabus bei der Darstellung menschlicher Sexualität.
 

Blicke auf nicht normative Sexualität -
10 Jahre PFF Berlin

Interview mit Jürgen Brüning


1992 hast du das „Schwullesbische Filmfestival Berlin“ ins Leben gerufen. War das der Vorläufer des PFF?
Mit Anderen habe ich 1992 das Schwullesbische Filmfestival Berlin gestartet. Im Rückblick könnte es als Vorläufer des PFF gesehen werden. Wir haben ja nach drei Ausgaben aufgehört, weil wir den Eindruck hatten, das Publikum interessiert unsere Filmauswahl nicht. Vielleicht war das noch zu früh.

Vor 10 Jahren gab es dann den Startschuss für das PFF Berlin. Was war damals deine Idee und Vision?  
Ich hatte ja schon 10 Jahre Erfahrung und viele Berührungspunkte mit der Pornoindustrie, da ich ja seit 1996 mit CAZZO schwule Pornos produziert hatte. Ich wollte einfach den Mainstream mit den unabhängig gemachten Filmen zusammenbringen. Unterschiedliche Blicke auf nicht normative Sexualität. 

Haben sich die Erwartungen und Ziele erfüllt?
Ich bin der glücklichste Mensch der Welt. Eigentlich wünsche ich mir eine klassenfreie, friedliche Welt und wie ich im Vorwort des diesjährigen Kataloges  geschrieben habe, ist die Vision einer Welt, die kein Pornfilmfestival mehr braucht, sehr reizvoll.

Wie hat sich das Festival in den 10 Jahren entwickelt? 
Es hat sich schön entwickelt.

Welche Kriterien habt ihr im Kuratorium für die Auswahl der Festivalfilme?
Unsere Auswahl ist subjektiv. Wir freuen uns über Filme, die formal und inhaltliche eine kreative Vision zeigen. 

Welche Genres oder besondere Interessen und Schwerpunkte bevorzugst du bei deiner Arbeit als Filmproduzent?
Persönliche Visionen von RegisseurInnen, die mich ansprechen und dich ich verstehe. Explizite Inhalte sind kein Hindernis.

Gibt es bei Pornofilmen für dich eine Schamgrenze oder irgendwelche Tabus?   
Diese Begriffe aus einer bürgerlichen, in kapitalistischen Gesellschaftsstrukturen verendenen Welt spielen für mich keine Rolle. 

Warum ist z. B. brutale Gewalt als filmisches Stilmittel kritiklos akzeptiert, während nacktes Fleisch und expliziter Sex immer noch verpönt sind und öffentlich zensiert werden?   
Weil die MachthaberInnen dies als Kontrollmechanismen benutzen, um ihre Machtstrukuren zu erhalten.

Welche Zutaten gehören zu einem guten und geilen Pornofilm, der das Sehen lohnt?  
Das ist individuell. Alle habe ihre eigenen Fantasien, was sie sehen möchten.



Jürgen Brüning Filmografie
http://www.filmportal.de/person/juergen-bruening_75f9593b23d2424784df5fb367c000c7

THE RASPBERRY REICH (2004)
http://www.filmportal.de/film/the-raspberry-reich_e60c327b9c4049bcabad53443258afa1

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